Pfeiltuning

Pfeiltuning

In diesem Text möchte ich über eine Tuningmethode sprechen, welche nicht ich erfunden habe.
Ehre wem Ehre gebührt: Dominik Faber umriss mir die Methode in 2-3 Sätzen.
Klar könnte ich dieselben 2-3 Sätze hier wiedergeben, aber viele Leute könnten damit wenig anfangen. Und es ist auch nicht der Sinn, möglichst kurze Beiträge zu verfassen, sondern Beiträge wie hier im Trainers Corner, welche von möglichst vielen Schützen und möglichst einfach angewandt werden können. Idealerweise verstehen die Anwender auch, WARUM und WIESO vorgegangen wird wie beschrieben.

Nun denn! Zuerst möchte ich darüber sprechen, warum ein Pfeil im Speziellen getunt werden muss und warum man nicht immer einfach einen Pfeil nehmen kann nach Tabelle.
Zuerst muss klar sein, dass der Spine (Der Durchhang in 1/1000stel Inch bei einem waagrechten 28“-lang aufgebockten Pfeil mit einem Gewicht von 2 Pfund in der Mitte) eine STATISCHE Steifigkeit des Schaftes ist und keine DYNAMISCHE Steifigkeit des Pfeils, wie sie beim Abschuss im Bogen herrscht. Aber dies ist nun mal fast die einzige Metrik, die sinnvoll und einfach gemessen werden kann und welche dennoch eine gute Aussage über den Pfeil zulässt.
Dennoch: Spitzengewicht, Speed der Wurfarme, Gewicht der Sehne, Federn, Nocken, Pin usw. sind alles weitere Einflussfaktoren, welche in der Tabelle nicht abgebildet sind und dennoch einen teils grossen Einfluss haben können.
Als Beispiel: Meine ACE schiesse ich mit 430er Spine während ich die X10 auf einem Spine von 350 haben muss. Warum? Dynamik ist nicht gleich Statik. Die sehr schweren X10 sind dynamisch steifer als die ACE. Bei meiner Auszugslänge von 32“ hatte das einen riesigen Einfluss.

So. Wie immer möchte ich auch hier die Grundannahme definieren, nach welcher wir arbeiten werden:
Der Pfeil sollte sich so verhalten, dass der Bogen in seinem Normalzustand perfekt mit dem Pfeil zusammenpasst.

Dies heisst somit:
–    Der Bogen sollte keine Gegenfehler haben müssen, nur um einen Fehler der Pfeile zu korrigieren (z.B. extremer Sehnenabstand, grosser oder kleiner Pfeilversatz, …)
–    Der Bogen ist „mittig“ eingestellt: Wurfarme perfekt im Lot und mittig Riser, Button ist auf „Standard“ (ACE: Ca. 0.5-0.75 Pfeil ausserhalb Sehnenmitte; X10: centershot bis 0.5 Pfeil ausserhalb Sehnenmitte), Sehnenabstand normal, Visier ca. 1mm ausserhalb Bogen- & Sehnenmitte, Button auf mittlerer Stärke.
Die hier genannten Abfolgen und Richtungen sind immer für RECHTSHANDSCHÜTZEN.
Linkshandschützen müssen umdenken bei der Lektüre dieses Textes.

Sobald der Bogen das mittige Setup hat, kann man mit dem Tuning der Pfeile beginnen. Es ist dabei wichtig, zu verstehen, wie man generell vorgehen wird:
Wir machen den Pfeil absichtlich ein bisschen weich und werden ihn sequenziell versteifen, bis alles stimmt.
Wir beginnen also mit einem Pfeil, der zu lang ist. Je nach Wissensstand (Wie lange der Pfeil sein sollte für das perfekte Tuning) ist eine genügend grosse Reserve einzurechnen. Ebenfalls empfehle ich, mit dem maximalen Spitzengewicht (120gn wenn möglich) anzufangen. Dies macht den Pfeil ebenfalls noch etwas weicher. …und ein schwerer Spitz hilft später auf lange Distanzen einen guten „Durchzug“ zu erhalten und das FOC (Forward of Center) zu vergrössern und dadurch die Wind-Unanfälligkeit zu erhöhen.

Wir schiessen jeweils mit 3 befiederten und 2-3 unbefiederten Pfeilen auf 30m. Die Pfeile sollten nun noch WEICH reagieren:
–    Unbefiederter Pfeil ist RECHTS vom befiederten.
–    Der befiederte ist allenfalls rechts von der visierten Mitte.
Newsletter2016-TC-Pfeiltuning-1

Wenn dies NICHT der Fall ist und der unbefiederte Pfeil LINKS der befiederten Gruppe ist, so hat man vermutlich zu harte Pfeile da wir die Pfeile ja absichtlich zu lang (zu weich) belassen und das maximale Spitzengewicht gesetzt haben.
In der Annahme, dass die Pfeile zu weich reagieren, kann nun mit dem Versteifen begonnen werden: Wir schneiden kurze Segmente der Schäfte ab. Dies natürlich, nachdem die Spitze entfernt wurde…
Die Länge dieser Segmente ist mit Vorsicht zu wählen, da ein Ansetzen der Schäfte nur noch schwerlich möglich ist. Je nachdem, wie viel zu weich die Pfeile reagiert haben, ist ein Schneiden von 1-8mm normal. Lieber zu wenig als zu viel.
Sobald die nun etwas kürzeren Schäfte wieder eine Spitze haben, wird wieder geschossen.
Immernoch zu weich? Weiter absägen…

Wenn die befiederten und die unbefiederten Pfeile schön dieselbe seitliche Gruppe haben (Höhe ist noch egal zu dem Zeitpunkt), ist man an einem schönen Punkt:
Die Pfeile haben nun genau die Steifigkeit, die der mittig eingestellte Bogen benötigt.
Newsletter2016-TC-Pfeiltuning-2

Falls man sieht, dass die Auswirkung auf die Steifigkeit pro abgesägtem mm sehr gross ist, kann anstelle des vermutlich letzten Sägens auch mit dem Button gearbeitet werden: Ein stärkerer Button drückt die Pfeile mehr nach links; den unbefiederten Pfeil mehr als den befiederten: Der Weg „B“ der Gruppe ist kleiner als der Weg „U“.
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Es ist aber der Sinn dahinter, den Bogen komplett auf „mittig“ zu belassen, damit man später beim „normalen“ Tuning genügend Raum in beide Richtungen hat.

Wir haben nun einen Bogen mit einem Pfeil, der einen dynamischen Spine aufweist, welcher ideal zum Bogensystem passt.
Von hier aus kann das „normale“ Tuning begonnen / wiederaufgenommen werden. Da die Seitendynamik aber bereits mehrheitlich gut ist, sollte insbesondere dieser Teil des normalen Tunings sehr einfach und schnell gehen: So habe ich lediglich ca 1mm Buttonstärke von der Mittelstellung abweichen müssen um die idealste Gruppe auf 70m zu erhalten. Auch der Sehnenabstand ist bei mir nahezu dort, wo die Pfeile auf 30m ideal waren beim Pfeiltuning… Pfeilversatz hat sich bei mir genau gar nicht verändert gegenüber der Mitteleinstellung.

Ich hoffe, mit diesen doch mehr als 2-3 Sätzen diese Tuningmethode für Pfeile verständlich und anschaulich dargelegt zu haben. Eine Methode, die ich von Dominik Faber kurz umrissen bekam und nach der ich seither mit grossem Erfolg selbst sehr haarige Tuningsituationen  bei den Pfeilen bewältigt habe.

Klar ist auch hier, dass man eine gewisse Schiess-Qualität mitbringen muss: Können auf die besagten 30m keine wirklich kleine Gruppe geschossen werden, so wird ein Tuning schwierig… In dem Falle empfehle ich entweder kleinere Distanz, mehr Pfeile bei jedem Schritt (und dann die jeweiligen Gruppenmitten suchen) oder am besten die Behebung der Fehler, welche vom Schützen kommen. Dies sind oftmals noch nicht beherrschte Basics wie z.B. eine korrekte Ausrichtung in der vertikalen und horizontalen Ebene.