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Turnier in der Schweiz – Internationales Turnier. Was ist so anders?

Turnier in der Schweiz – Internationales Turnier. Was ist so anders?

Viele haben von ihnen gehört, einige schauen sich die Videos an, wenige haben teilgenommen – Das Internationale Turnier wie z.B. ein WorldCup, Weltmeisterschaft, Europameisterschaft, Universiade, European GrandPrix, Conquest Cup und was es sonst noch alles gibt.

Klar, der Unterschied ist, dass an einem internationalen Turnier halt viele Nationen teilnehmen und an schweizer Turnieren halt nur Schweizer (mit wenigen Teilnehmer-Ausnahmen). Was ist aber noch anders und warum sind die internationalen Turniere oftmals so speziell?

Anmeldung:

Es fängt damit an, dass man sich an internationale Turniere nicht einfach so anmelden kann. Dies muss normalerweise der Verband machen und der kann nur ein bestimmtes Kontingent buchen. Meistens nur 3 oder 4 pro Kategorie.

Die erste Anmeldung muss bereits teils 4-5 Monate vor dem Turnier gemacht werden, die Finale Bestätigung meistens 2-3 Monate vor dem Tag X, eine kurzfristige Anmeldung ist normalerweise nicht möglich. Anmeldungen an Turniere wie in der Schweiz bis ca 2 Tage vor dem Turnier sind absolut unmöglich.

Selektion:

Es braucht somit meistens eine Vorentscheidung innerhalb des Landes welche bestimmt, wer die Nationalmannschaft für dieses Turnier stellt. Dies kann je nach Situation ein einzelnes Turnier oder eine Reihe von Events sein. Eine längere Vorbereitungsphase mit Vor-Turnieren ist somit gesetzt.

Eine solche Qualifikationsperiode kann teils sehr lange sein und bereits im Vorjahr des Turniers beginnen. Eine gute Trainingsplanung von Seiten des Schützen ist somit unabdingbar.

Da teilweise nur 1 Platz pro Kategorie verfügbar ist (Beispiel Conquest Cup), kann die Selektion an sich schon ein grosser Fight sein und als Teil des Turnieres angeschaut werden. Teilweise sind die Selektionen auch gelinkt: Eine Selektion teilweise kann nur an einem anderen Internationalen Turnier geschossen werden. Dies kann die Selektionsdauer massiv verlängern in der man «parat» sein muss. Ein schlechtes Resultat kann so im dümmsten Falle gleich mehrere Turniere vorzeitig beenden. Der Druck in dieser Selektionsphase kann somit enorm werden.

Auch hier kein Vergleich zu schweizer Turnieren, wo man ohne Druck und Selektion auch «einfach mal teilnehmen» kann.

Reise:

Hat man die Selektion geschafft und der Verband hat die Anmeldung gemacht, so geht es darum, die Reise zu planen. Normalerweise heisst das: Fliegen.

In der Schweiz buchen wir Schützen die Flüge sehr oft selber. Je nach Fluglinie und Land sind dabei Bestimmungen für das Zusatzgepäck des Bogenkoffers zu beachten. So ist der Bogenkoffer meistens als Sportgepäck zugelassen, aber mit Zusatzkosten verbunden.

Je nach Zieldestination sind Einreise-Visa zu besorgen, was dauern kann und auch Kosten verursacht.

Allenfalls ist bereits in der Schweiz ein Hotel zu buchen für eine Nacht, je nachdem wann der Flug geht: So ist es vor 8 Uhr Abflug fast zwingend, die Nacht in einem Flughafenhotel zu verbringen und mit dem Shuttle im Morgengrauen an den Flughafen zu fahren.

Die Reise ist dann eigentlich eine normale Flugreise. Teilweise halt einfach sehr lange und mit diversen Umsteigen. So ist es nicht wirklich spassig vom WorldCup Shanghai (China) an den WorldCup Medellin (Kolumbien) zu fliegen: 23h im Flugzeug mit 2x Umsteigen. Ugh…

Da sind Turniere in der Schweiz doch einfacher zu erreichen mit einer Autofahrt von max 2h und maximal einer Übernachtung im Hotel.

Dauer:

Ist man endlich angekommen, gilt es allenfalls den Jetlag zu bewältigen. Oft muss das in einem Tag & einer Nacht geschehen da es am Folgetag bereits mit dem Turnier losgeht. Denn solch ein Turnier dauert nicht wie bei uns 1 oder maximal 2 Tage, sondern fast immer eine ganze Woche. Dies, da bei so vielen Schützen nicht mehr alle gleichzeitig schiessen können auf einem Wettkampffeld (Field of play). So schiessen teilweise Compound und Recurve morgens/Nachmittag getrennt. Bei z.B. über 700 Schützen an einer WM 2019 ist das auch sehr verständlich.

Vergessen kann man ein halbes Weekend mal kurz für ein schweizer Turnier, vergessen darf man nicht, die Ferien zu buchen in der Firma oder unbezahlten Urlaub zu organisieren und einzugeben…

Ablauf:

Standard-Ablauf einer solchen Turnierwoche ist normalerweise wie folgt oder ähnlich:

  • Sonntag: Registrierung und Akkreditierung
  • Montag: Offizielles Training (Pflicht), Materialkontrolle, Teammanagers Meeting
  • Dienstag: Qualifikationsrunde (72 Pfeile)
  • Mittwoch: Einzel-Eliminationen erster Teil,
  • Donnerstag: Einzel-Eliminationen bis Halbfinal, Team-Eliminationen bis Halbfinal
  • Freitag: Mixed Eliminationen bis Halbfinal
  • Samstag: Finals Recurve
  • Sonntag: Finals Compound

Je nach Turnier kann aber noch ein Quotenplatzturnier eingeschoben werden, was weitere Eliminationsrunden bedeutet und das Programm dann sehr beanspruchend macht; sowohl zeitlich und inhaltlich.

Viele Eliminationen, welche in der Schweiz meist nicht geschossen werden, wenige Ausnahmen beginnen aber aufzupoppen. Was in der Schweiz als Turnier verstanden wird, ist im internationalen Umfeld nur der Auftakt im Turnier.

Kosten / Aufwand:

Während Turniere in der Schweiz 30-35 CHF kosten ist die Startgebühr an einem internationalen Turnier irgendwo im Bereich 150-300 CHF. Die Kosten vom Hotel das man buchen muss über den Turnierveranstalter, sind meistens so im Bereich 100-180 CHF pro Tag. Flug ist irgendwas 150-2000 CHF.

Für eine solche Turnierwoche sind somit nebst einer Woche Ferien oder Unbezahlte Abwesenheit auch noch eine Rechnung von ca. 1200-3500 CHF zu begleichen. Ein doch eher krasser Unterschied also zum Turnier «gleich nebenan».

So unterschiedlich es auch sein mag, es ist immer wieder toll zu erleben, dass die Kollegialität, welche wir Schützen in der Schweiz erleben auch im internationalen Parkett gang und gäbe ist. So ist es nicht selten, dass mehrere Nationen zusammen Partys feiern oder zusammen in den Ausgang gehen nach dem Turnier. Man sitz viel zusammen aber eben nicht als SUI / GER / COL / RUS / USA … sondern eben als Bogenschützen. So verbissen man auch auf dem “Field of play” gegeneinander im Sport kämpfen mag, so kollegial ist man ausserhalb des Turniers.
Ich fand schon des Öftern bei Reisen in der Ferne eine Unterkunft bei einem befreundeten Bogenschützen.

Mögen diese Freundschaften über Landesgrenzen hinweg auf ewig halten. 😊